Reitkleid grünes Leinen

… nachdem ich einen passenden Damensattel für mein Pferd gefunden hatte und darum auch regelmäßiger damit geübt habe, wollte ich ein angemessenes Kleid dazu haben. Mein erster Versuch war ja doch mehr ein Provisorium und der Pannesamt so dünn, dass für meinen Geschmack zuviel vom Sattel und den Beinen durchdrückte.

Also begann ich, mich auf die Suche nach meinem Wunschkleid zu machen. Zuallererst habe ich natürlich die Sissi-Trilogie durchforstet und diverse Screenshots gemacht. Die Suche wurde also auf die Zeit zwischen ca. 1860 und 1900 eingegrenzt. Im Internet wurde mir dann von einer Bekannten ein Forum von kostümbegeisterten Hobbyschneidern und empfohlen, an das ein Shop angeschlossen ist, der auch demsetsprechend authentische Schnittmuster verkauft.

Authentisch bedeutet, dass auf bestimmte Ärmelformen oder andere modegegebenen Details Wert gelegt wird. Oft entstehen diese Schnittmuster in Textilmuseen. Originalkleidungsstücke werden als Grundlage herangezogen und für einen Nachbau dann das entsprechende Schnittmuster erstellt und vekauft. Da es früher keine Massenware in Einheitsgrößen gab, sondern nahezu alle Kleidung maßgefertigt wurde, ergibt sich dabei allerdings das Problem, dass die eigenen Maße nur selten mit denen der ursprünglichen Trägerin übereinstimmen. Sowohl Körperbau als auch Größe der Menschen haben sich in den letzten 150 Jahren schon merklich verändert. Hinzu kommt noch, dass früher konsequent mittels einem Korsett die Taille reduziert wurde, was heute auch nicht mehr üblich ist. Also muss man das Muster oftmals noch modifizieren – verschiedene Größen auf einem Bogen, wie es die modernen Schnittmusterhersteller anbieten sind nicht zu bekommen.

Jedenfalls habe ich also ein authentisches Schnittmuster von 1889 gefunden, das auch ungefähr meiner Größe entsprochen hat und mich (wieder mit Hilfe meiner Oma) darangewagt. Auch wenn es mir zu Beginn doch sehr schwer fiel, zu glauben diese seltsam geformten Stoffteile sollten mal einen nach Rock aussehen… Gegen später stellte sich heraus, dass der Rock so toll für den Damensattel gearbeitet wurde, dass es eine Beule nach aussen für das rechte Knie gab sowie eine weitere Beule nach innen für die Hörner des Sattels… Ab diesem Zeitpunkt beschloss ich, dass auch die seltsamsten Teile wohl eine Funktion haben müssen und machte tapfer weiter. Da die Anleitung erstens auf englisch und zweitens für ein ganzes Kleid mit ca. ½ DIN A4 Seite doch etwas knapp bemessen war, mussten wir oftmals sehr intuitiv vorgehen 😉

Aus grünem Leinen und einem grünen Baumwollfutter entstand so also nach und nach mein aktuellstes Reitkleid, das sehr bequem, wunderbar geschnitten und grandios in seiner Wirkung ist. Ich trage darunter wieder die Bluse meiner Mutter, die ich beim ersten Kleid schon erwähnt hatte. Ein Korsett wollte ich dazu nicht haben, braucht man beim Reiten doch manchmal einfach zwingend seine volle Bewegungsfreiheit und vor allem einen freien, tiefen Luftzug. Eine normale Reithose unterm Rock ist zwar nicht absolut historisch korrekt, vermeidet aber Blasen und wunde Knochen und da musste sich der rest hinten anstellen. Zum Schmuck des Zylinders färbte ich noch ein Seidentuch in selben Grünton und probierte am Rocksaum, den Bündchen und am Kragen meine Zierstiche der Maschine aus und verzierte das davor eher schlichte Kleid mit einem hellblauen Muster.

Ein Traum brachte mich dazu, einen Flohmarkt zu besuchen, auf dem ich promt den geträumten Reitstock gefunden und erstanden habe!

Hier zeige ich einige Bilder des Reitkleids im Einsatz