Knopf

Zuallererst mal… wie kam ich zu meinem Namen… Eigentlich heisse ich ja Fado. Der Fado ist ein portugiesischer, melancholischer und trauriger Tanz – ein Name, der überhauptundgarnicht zu mir passt.

Um die Menschen davon zu überzeugen, dass ich was besseres verdient habe, begann ich, mich wie meine Lieblings-Kinderbuchfigur zu benehmen. Ich zerreiße alle Decken, die man mir auflegt innerhalb weniger Minuten in so kleine Fetzen, dass man sie nichtmal mehr reparieren kann, breche regelmäßig aus und bin sowieso trotz BJ 92 immer noch ein richtiger Lausbub. Aber was wäre meiner Christine sonst auch langweilig…

 Bei meinem richtigen Namen nennt mich eigentlich seit Jahren keiner mehr und damit man mich immer und sofort wiedererkennt, habe ich sogar einen Knopf auf die Pobacke rasiert bekommen. Wenn man den regelmäßig nachschneidet, sieht das aus, als ob das schon so wachsen würde…

 Vor ein paar Jahren hat Christine was vollkommen verrücktes mit mir ausprobiert – sie wollte lernen, mich auch noch im Damensattel zu reiten. Irgendwie haben manche Pferdebesitzerinnen so einen Tick. Die sehen das irgendwo und dann lässt sie der Gedanke nicht mehr los – solange, bis sie es selbst mal zumindest ausprobiert haben. Dazu ist sie immer wieder zu Lea Bouctot auf den Neubauerhof geritten und hat sich dort für den Unterricht einen Sattel ausleihen dürfen. Sie hat sich dazu auch noch richtig schöne Kleider genäht und ich muss sagen – wenn einen da auf dem Sonntagsausritt oder bei einer Vorführung die Leute alle so staunend anschauen macht mich das schon ein bisschen stolz und ich strenge mich dann noch ein bisschen mehr an…

 Allgemein bin ich schon ein bisschen ein eitler Fratz… Besonders gern posiere ich vor netten Mädels, die an mir vorbeikommen und wenn die kleinen Mädchen mit ihren Karotten kommen, weiss ich SO genau, dass ich nur ein bisschen nett blinzeln muss und schon werd ich mit Leckereien gestopft und gestreichelt und überhaupt… Es gibt doch nichts Schöneres, als von allen bewundert und umsorgt zu werden!

 Spielen tu ich auch sehr gern — leider meinen die meisten Langweiler, die ich kenne immer, sie wären zu alt und vernünftig, um mit mir rumzubalgen, einfach nur ein bisschen zu rennen oder tolle Luftsprünge zu üben. Chablis, meine langjährige Nachbarin und eine, die ich schon an der Art zu laufen erkenne, wenn ich sie erst hören und noch gar nicht sehen kann, ist leider auch so eine. Na ja – dafür hat sie vor nichts Angst und ich fühle mich richtig sicher in ihrer Nähe, wenn wir beim Ausritt an was gefährlichem vorbei mussten oder so. Weil so wenige mit mir spielen wollen, bringt mir Christine immer mehr kleine Kunststückchen bei, damit mir nicht langweilig wird… Vielleicht schaffe ich es ja eines Tages mal, mich zu verbeugen, wenn wir eine Vorführung gemacht haben?!

Christine hat mir schon sehr, sehr viel beigebracht. Ich ihr natürlich noch viel mehr, das muss hier mal gesagt werden. Aber sie hat mit mir geübt bis zum umfallen und es hat sich gelohnt: ich war bei vielen Turnieren, Lehrgängen, Umzügen und Aufführungen dabei und habe mein Bestes gegeben, wir als Team sind einfach toll und halten zusammen!